Monatsgedanke Oktober
von Martina Brendler
Helvetia spricht
„Helvetia spricht“ ist eine Initiative, um Frauen zu ermutigen, sich mehr in der Politik und Öffentlichkeit zu engagieren. Brauchen wir das? Im Oktober 2021 im Thurgau? Einen Verein, der Frauenförderung im Bereich Wirtschaft und Bildung betreibt?
„Helvetia predigt“ hiess eine ökumenische Initiative im Thurgau, mit der eine Gruppe von Frauen und Organisationen Pfarreien und Kirchgemeinden dazu aufrief, Frauen am 1. August predigen zu lassen. Das hat bei uns gut funktioniert, weil in Romanshorn auf evangelischer Seite sowieso eine weibliche Pfarrperson Predigtdienst hatte und auf dem anderen Kirchenhügel eine Frau zum Predigen eingeladen wurde.
Helvetia schweigt, denke ich manchmal, wenn ich über liturgische Ausdrücke stolpere, die nicht nur auf kirchenferne Menschen seltsam wirken müssen. So z.B. die Aufforderung, „meinen Nacken in Knechtschaft“ vor Gott dem Herrn zu beugen. Diese Formulierung begegnete mir vor kurzem in einem offiziellen Gebet innerhalb eines Gottesdienstes.
„Helvetia“ macht sich immer wieder hör- und sichtbar, denn sie steht für die Hälfte der Weltbevölkerung, die nun mal aus weiblichen Personen besteht. Wir brauchen sie in allen Bereichen, in vielen Ländern der Welt noch viel mehr als hier.
Dass es wichtig ist, weibliche Stimmen zu hören und als ebenbürtig zu männlichen zu gewichten, wussten die Männer auch schon früher. Im Jahr 50 n. Chr. geht ein Brief an die Gemeinde in Thessaloniki, in dem Männer schreiben: „Als Apostel von Jesus Christus hätten wir bei euch doch auf unsere besondere Autorität pochen können; stattdessen gingen wir liebevoll mit euch um wie eine Mutter, die für ihre Kinder sorgt.“ (1. Tess. 2, 7). Will heissen: es gibt unterschiedlich geprägte Führungsstile, die verwendet werden können. Ob wir die heute noch allein auf männlich und weiblich aufteilen können, scheint mir fraglich. Wichtig ist, dass es beide Arten von Vorbildern immer schon gegeben hat, wenn auch die „weiblichen“ weniger erwähnt werden. Auch deshalb ist „Helvetia spricht“ mit ihrem Engagement auch heut noch unverzichtbar.
Text: Martina Brendler; Bild: Pixabay